Geschichte: eine zufällige Ansammlung von miteinander unverbundenen Ereignissen? Oder zieht sich doch ein sinnstiftender Faden durch den Ereignisstrang? Was wäre dann dieser Faden, diese zugrunde liegende Logik: die Ausbreitung der Vernunft, die Moderne, die Entwicklung der Tugend oder des Fortschritts? Viele, nein unzählige, Antworten sind geliefert worden. In den Beiträgen zum Monat Mai beschäftigen wir uns im DerWisch mit wichtigen Theoretikern der Geschichtsphilosophie.
Eine Kritik an Oswald Spengler (1880-1936), bekannt geworden durch sein Werk „Untergang des Abendlands“, macht dabei den Anfang. Spengler mag auf mutige Weise gegen den Eurozentrismus in der Geschichtsphilosophie angetreten sein, doch seine Neigung zu biologistischen Metaphern spricht uns heute weniger an. In einem weiteren Beitrag geht es um den Zerfall von Kulturen und die Gründe für Konflikte, wie sie von Arnold Toynbee (1889-1975) dargestellt wurden. An neueren Theoretikern möchten wir Noah Hariri (geb. 1976) vorstellen. Er strebt eine Menschheitsgeschichte aus der Vogelperspektive an: die kognitive Revolution als wesentliches Merkmal für den Menschen, die ihm die Kooperation in großen Gruppen und die Bestimmung der Ereignisse auf der Erde unabhängig von der Biologie und gemäß Mythen ermöglicht.
Geschichte ist und bleibt rätselhaft. In das Dickicht des Ereigniswaldes Ordnung zu bringen, birgt immer auch die Gefahr, den Fakten ein selbstgebasteltes System überzustülpen. Doch ohne ein solches Begriffsinstrumentarium scheint es andererseits auch nicht zu gehen. Ansonsten bliebe ein endloser Strom von Ereignissen zurück: bedrückend in seiner trüben Faktizität, dem Streben des Menschen nach Sinnhaftigkeit nur zynisch entgegengrinsend.
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